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Zwei Abschlüsse mit einer Klappe

Manche Ausbildungen können mehr. Jedenfalls an manch einer Berufsschule im Bergischen Land. Denn ihnen ist mittlerweile klar: Sie müssen für Unternehmen wie auch Auszubildende attraktiv sein, einfach mehr zu bieten haben. Deshalb versuchen sie, innovativ und modern zu unterrichten und die Möglichkeit zu geben, während der Ausbildung höhere Qualifikationen zu erlangen. Wie zum Beispiel, neben der Ausbildung zur Zerspanungsmechanikerin noch gleich das Abitur abzulegen. Oder während der Lehre zur Industriekauffrau bzw. zum Industriekaufmann den Bachelor Abschluss in Betriebswirtschaftslehre zu erreichen.

Eine dieser Schulen ist das Berufskolleg Hückeswagen. Gegründet wurde das Kolleg 2010 gemeinsam mit ausbildenden Unternehmen, beispielsweise dem Bauunternehmen Dormann aus Remscheid. Die Idee: Schülerinnen und Schülern mit zukunftsgerichtetem, digitalisiertem Lernen und höheren Schulabschlüssen einen besseren Einstieg in das Berufsleben zu bieten. Denn auch industrielle Berufe wie Zerspanungsmechaniker:in sollen Zukunftsaussichten bieten können. Mittlerweile ist das Berufskolleg in den ehemaligen Räumen des Marienhospitals in Hückeswagen zuhause. Neben einem großen Online-Angebot und der Möglichkeit, digital zu lernen, setzen Schulleiter Gunnar Mühlenstädt und sein Team auf eine offene Lernatmosphäre mit kleinen Klassenstärken. In den modern ausgestatteten Räumen kann auch viel neue Technik getestet werden – Theorie und Praxis sollen sich nicht ausschließen und auch Robotik, 3D-Druck oder ähnliches stehen dort auf dem Lehrplan.

Insgesamt bietet das Berufskolleg fünf Ausbildungsberufe mit Unternehmen in Remscheid, Hückeswagen und Umgebung an: Fachkraft für Metalltechnik im Bereich Zerspanung sowie Fachkraft für Metalltechnik im Bereich Montage, Zerspanungsmechaniker:in, Industriemechaniker:in und die Ausbildung zu Industriekaufleuten. Daneben bietet das Kolleg die Möglichkeit, das Fachabitur oder das Abitur zu machen: mit Zusatzkursen neben der Ausbildung. In einigen Bereichen verlängert sich die Ausbildungszeit dadurch etwas, aber
das ist kein Nachteil. Denn: Man hat direkt zwei Abschlüsse in den Tasche – und obendrauf Berufserfahrung durch die Praxisausbildung im Unternehmen. Dass Abitur kann man on-top mit drauf packen: Dafür besucht man im Anschluss an die Ausbildung noch ein Jahr in
Vollzeit die Schule – und ist dann gut gerüstet für die Zukunft.

Wer das Abi schon hat, kann sich trotzdem für eine Ausbildung entscheiden – und parallel studieren. Möglich ist das am Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung in Remscheid. Neben der meist kaufmännischen Ausbildung bietet das Berufskolleg an, den Bachelor in Betriebswirtschaftslehre (BWL) zu machen. Auch hier verlängert sich die Ausbildungszeit oder vielmehr Studienzeit etwas – auf vier Jahre. Normalerweise sind kaufmännische Ausbildungen spätestens nach zweieinhalb Jahren abgeschlossen. Doch brauche man auch die Zeit für den Mehraufwand, der mit dem Studium verbunden sei und verliere insgesamt nicht so viel Zeit, sagt Adrian Pütz, der Leiter des Ausbildungsprogramms. Nach vier Jahren hat man also den
IHK-Abschluss und den Bachelor of Arts in BWL. Das dauert unter normalen Bedingungen eher sechs Jahre, wenn man aufeinander aufbaut.

Wie funktioniert das also?
Seit 2015 gehört die Schule der Initiative Studienintegrierende Ausbildung (SiA) an und arbeitet mit der Fachhochschule des Mittelstands zusammen. Dadurch gibt es die Möglichkeit, dass Azubis und Studierende zusammen im Blockunterricht die grundsätzlichen Kurse gemeinsam absolvieren, die man beispielsweise als angehender Industriekaufmann ebenfalls besucht. Hinzu kommen für die Studierenden Seminare und Vorlesungen, die von Dozenten der Hochschule ergänzt werden. Die meisten Prüfungsleistungen wie Klausuren werden in der Phase des Blockunterrichtes absolviert. Längere Seminararbeiten oder ähnliches können in der Zeit zwischen den Blockunterrichteinheiten geschrieben werden, quasi in den „Semesterferien“, während man im Unternehmen praktisch arbeitet. Das bedeutet natürlich, dass man auch ein gewisses Maß an Selbstorganisation und sicher auch Disziplin mitbringen muss, um die Arbeiten fertig zu bekommen. Das bringt aber gleichzeitig den Vorteil, dass man praktische Seiten aus dem Unternehmen in die Arbeit einfließen lassen kann. So auch bei der Bachelorarbeit, die ganz zum Schluss kommt. Viele Themen entwickeln sich, laut Adrian Pütz, aus der Praxis heraus und bieten den Azubis die Möglichkeit, danach ins Vollzeit Masterstudium zu wechseln – der Abschluss über SiA ist an Hochschulen nämlich voll anerkannt.

Angebotene Ausbildungsberufe:
• Industriekaufleute
• Industriemechaniker:innen
• Zerspanungsmechaniker:innen
• Fachkraft für Metalltechnik – Zerspanungstechnik
• Fachkraft für Metalltechnik – Montagetechnik

Die Ausbildung sähe dann so aus:

Der bisherige Weg:

LOS GEHTS:
Gemeinsam finden wir einen passenden Ausbildungsplatz für dich im kaufmännischen oder technischen Bereich

2 bzw. 3 Jahre Ausbildung und Fachabitur:
Du durchläufst deine berufliche Ausbildung in Betrieb und Schule. Gleichzeitig belegst du in den Fachabitur Fächern Zusatzkurse. Industriekaufleute absolvieren das in 2 Jahren, Techniker in 3 Jahren.

IHK-Abschluss + Fachhochschulreife
Nach 2-3 Jahren absolvierst du die Abschlussprüfung für deinen Ausbildungsberuf und legst die Fachabiturprüfung ab.

Dein Weg zum Abitur:

Los geht`s mit dem Abitur:
Nach Deiner Abschlussprüfung für Deinen Ausbildungsberuf und der Fachhochschulreife kannst Du einsteigen.

1 Jahr: Abitur-Klasse in Vollzeit
In einem vollzeitschulischen Jahr bereitest Du Dich in einer kleinen Lerngruppe mit erfahrenen Lehrkräften

ABITUR
Nach einem Jahr absolvierst du die Prüfung zur allgemeinen Hochschulreife

(von Michelle Jünger, Foto: Adobe Stock © Jihan)