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FSJ im Bereich Kultur

Kaum hat man das Abschlusszeugnis in der Hand, kommen von überall die immer gleichen Fragen: „Und, weißt Du schon, was Du jetzt machen willst?“ „Du hast doch bestimmt schon einen Plan, oder?“ Ich bin mir sicher, Du kennst das auch.

Spätestens nach der zehnten Person, die fragt, möchte man einfach nur noch schreien. Mir ging es jedenfalls so, als ich im Frühjahr 2020 meinen Schulabschluss gemacht habe. Alles was ich wusste war, dass ich auf keinen Fall jetzt schon studieren oder eine Ausbildung machen
wollte. Da bin ich auf die Möglichkeit eines Freiwilligen Sozialen Jahres gestoßen. Eigentlich perfekt, um sinnvoll noch etwas Zeit zu überbrücken und auch schon ein paar Erfahrungen in der Berufswelt zu sammeln. Das Problem war nur: Ich hatte schon herausgefunden, dass ich eigentlich nicht in einem sozialen Beruf arbeiten möchte. Und welchen Sinn macht zum Beispiel ein FSJ in der Grundschule, wenn man schon weiß, dass man auf keinen Fall Lehrerin wird?

Der Freiwilligendienst im Bereich Kultur

Doch dann kam die Erlösung: Ich hatte gerade aufgegeben und mich aus der Not heraus doch für ein FSJ in einer Schule beworben, als ich beim Recherchieren auf die „Freiwilligendienste Kultur und Bildung“ stieß. Es stellte sich heraus, dass ein Freiwilliges Jahr nicht nur im sozialen
Bereich möglich ist, sondern auch in ganz vielen anderen Berufsfeldern. Zum Beispiel im Bereich der Kultur. Das passte für mich wie die Faust aufs Auge, da ich schon immer eher kulturell interessiert war. Und ich habe die Entscheidung bis heute nicht bereut.

Das FSJ Kultur bietet eine sehr gute Möglichkeit, um „sich ein Jahr lang Zeit zu nehmen, sich zu engagieren und etwas Großartiges mitzugestalten“, sagt Clara Stark vom „Freiwilligendiensten Kultur und Bildung“. Sie arbeitet als Bildungsreferentin für die Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit Kultur Bildung NRW e.V., den Träger der Freiwilligendienste in NRW.

2001 beschloss der Bund, mit dem Pilotprojekt „Rein ins Leben“ erstmalig 125 Plätze für ein FSJ im kulturellen Bereich anzubieten. Von da an kamen nach und nach immer mehr Träger und Kultureinrichtungen als Einsatzstellen hinzu. Inzwischen werden in ganz Deutschland pro Jahr über 3000 Plätze vergeben. „Das ist schon ganz schön ordentlich“, sagt Clara Stark. Und es ist nicht nur beim FSJ Kultur geblieben. Hier in NRW wird zwar nur der Freiwilligendienst im Bereich Kultur und Kultur & Schule angeboten, in anderen Bundesländern wie Niedersachsen gibt es aber auch ein FSJ Politik. Auch ein Bundesfreiwilligendienst Kultur und Bildung statt eines FSJ kann absolviert werden. Die Einsatzstellen, in denen das FSJ Kultur stattfindet, sind sehr vielfältig. Man hat zum Beispiel die Möglichkeit ins Theater, in eine Musikschule,
zu einem Orchester oder sogar zum Radio zu gehen. Ich selbst war in einem Literaturhaus. Es werden also verschiedenste Interessen und Kulturbereiche vertreten.

Die Bewerbung oder, wie Bildungsreferentin Clara Stark sagt, „Anmeldung“ funktioniert über die Website der „Freiwilligendienste Kultur und Bildung“. Dort kannst Du Dir die Einsatzstellen heraussuchen, für die Du Dich interessierst. Mit ein paar Klicks meldest Du Dich an und
schickst Anfragen an die Einrichtungen raus. Mit etwas Glück wirst Du daraufhin zu einem Kennenlerngespräch eingeladen und vielleicht auch angenommen. Um Dich überhaupt anmelden und ein FSJ Kultur absolvieren zu können, musst Du zwischen 16 und 26 Jahre alt sein und die Schulpflicht abgeschlossen haben, also mindestens 10 Jahre zur Schule
gegangen sein.

Dauer und Ablauf Deines FSJ Kultur
Das Freiwillige Jahr selbst dauert, wie der Name schon sagt, in der Regel 12

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Monate. Dies sei sozusagen das Komplettpaket, sagt Clara Stark, denn „es ist sinnvoll 12 Monate in der Einsatzstelle zu sein, darauf ist das FSJ auch ausgelegt“. Offiziell anerkannt wird ein Freiwilligendienst aber schon nach 6 Monaten, die 12 Monate sind also keine Pflicht.

Während Deines FSJ wirst Du mit ungefähr 40 anderen Freiwilligen in eine Seminargruppe eingeteilt. Die einzelnen Gruppen werden immer von einem Bildungsreferenten oder einer Bildungsreferentin und von einer Studentischen Hilfskraft, auch „Seminarfee“ genannt, geleitet. Mit Deiner Seminargruppe hast Du vier Seminarwochen, die über das ganze Jahr verteilt sind. Um alle Seminarwochen miterleben zu können, sollte Dein Freiwilligendienst also 12 Monate dauern. Während der Seminare kannst Du an vielen verschiedenen Workshops teilnehmen und Dich an den verschiedensten Dingen ausprobieren. Du wolltest schon immer mal ein Drehbuch schreiben, einen eigenen Podcast produzieren oder einen Animationsfilm drehen? Durch die Seminarwochen bekommst
Du bestimmt die Möglichkeit dazu. Bei den Seminargruppen geht es, laut Clara Stark, vor allem um zwei Dinge. Zum einen natürlich um den Austausch mit anderen. Die eigenen Interessen zu teilen und Menschen mit ganz anderen Interessen kennenzulernen. Zum anderen gehe es auch darum, zu sich selbst zu finden und sich besser kennenzulernen. Außerdem bieten die Seminargruppen mit ihren Bildungsreferenten und „Seminarfeen“ einen Ansprechpartner. „Auch wenn es Probleme in der Einsatzstelle gibt, kann man damit jederzeit zu uns kommen“, versichert Clara Stark.

Im Jugendfreiwilligendienstgesetz ist vorgegeben, dass Du während des FSJ 25 Bildungstage absolvieren musst. Die Seminarwochen decken 22 dieser 25 Tage ab. Die restlichen drei Tage sind freie Bildungstage. Diese finden außerhalb der Seminare statt. Dabei handelt es sich ebenfalls um Workshops, die in der Regel über ein bis zwei Tage gehen. Das Angebot ist, genau wie bei den Seminaren, sehr vielfältig und manchmal auch ein bisschen verrückt. In meinem Jahrgang konnte man zum Beispiel zwei Tage lang mit einem erfahrenen Schäfer Schafe hüten.

Und es gibt noch eine weitere Besonderheit, die die „Freiwilligendienste Kultur und Bildung“ auszeichnet. In Deiner Einsatzstelle bekommst Du die Möglichkeit, ein eigenständiges Projekt zu verwirklichen. Dabei ist vom Planen eines Workshops über die Gestaltung eines Flyers bis hin zur Organisation einer Ausstellung oder eines Konzerts so ziemlich alles erlaubt und auch erwünscht.

Am Ende Deines FSJ Kultur erhältst Du ein Zertifikat, in dem unter anderem auch Dein Projekt erwähnt wird. Wenn Du gar nicht genug bekommen kannst, kannst Du Dein FSJ übrigens auch auf bis zu 18 Monate verlängern. Während des FSJ arbeitest Du zwar freiwillig, Du erhältst für Deinen Einsatz in einer Kultureinrichtung, aber dennoch ein sogenanntes Taschengeld.

Wenn Du Dich für ein FSJ Kultur interessierst, kannst Du Dich ab dem 01.01.2023 für die verschiedenen Einsatzstellen anmelden. Das FSJ beginnt dann am 01. 09. 2023.

Abgesehen von den bereits genannten Mindestbedingungen (Alter, Länge der Schulzeit) solltest Du am besten ein gewisses Interesse für Kultur mitbringen. Grundsätzlich richtet sich das FSJ Kultur aber an jeden. „Ich würde es jedem empfehlen“, sagt Clara Stark. Denn es biete die Möglichkeit, „nochmal auf sich selbst zu schauen, die Strukturen der Schule aufzubrechen und mal was ganz anderes Kennenzulernen“.

Genau so habe ich mein FSJ auch selbst erlebt. Es gab zwar durch Corona viele Einschränkungen und einiges konnte nicht so stattfinden wie geplant, aber dennoch möchte ich dieses Jahr auf keinen Fall missen. Ich habe viele großartige Menschen kennengelernt und bin selbstbewusster und selbstständiger geworden. Sowohl die Arbeit in meiner Einsatzstelle als auch die Seminare und Bildungstage haben mir viele tolle Erfahrungen geschenkt. Dadurch bin ich auch nach dem FSJ viel selbstsicherer an meine Ausbildung herangegangen. Wenn Du also noch nicht weißt, was Du nach der Schule machen möchtest, dann bewirb Dich doch einfach!

Du bist interessiert und möchtest Dich für ein FSJ Kultur anmelden?

Über https://anmelden.freiwilligendienste-kultur-bildung.de/platzsuche kannst Du Dich ab dem 01. 01. 2023 für die verschiedenen Einsatzstellen bewerben!

redaktioneller Artikel von Lea Göddert
Bild: Matthias Nikolaus Grob/ klein: Fotolia © Brian Jackson