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Der Ausbildungsvertrag – Darauf solltest Du achten!

Nach dem erfolgreichen Bewerbungsprozess und der mündlichen Zusage ist die Suche endlich vorbei, denn Du hast Deinen Traumberuf und den für Dich passenden Ausbildungsbetrieb gefunden. Herzlichen Glückwunsch!

Jetzt folgt der „Papierkram“, denn wie bei allen wichtigen Dingen im Leben – zum Beispiel bei Versicherungen oder dem Kauf einer Immobilie – muss ein Vertrag abgeschlossen werden, der die rechtlichen Rahmenbedingungen festhält. In Deinem Fall handelt es sich um den Berufsausbildungsvertrag.

Was ist der Berufsausbildungsvertrag?

Im Grunde ist ein Ausbildungsvertrag ein Arbeitsvertrag. Einen Unterschied gibt es aber: Im Gegensatz zum normalen Arbeitsvertrag – der auch mündlich abgeschlossen werden kann – ist beim Berufsausbildungsvertrag ausdrücklich die Schriftform erforderlich.

Was wird im Ausbildungsvertrag festgehalten?

Gemäß §11 Abs. 1 Berufsausbildungsgesetz (BBiG) sollte Dein Ausbildungsvertrag
unter anderem folgende Punkte beinhalten:

Persönliche Daten der beiden Vertragspartner:
Name, Kontaktdaten und Anschriften des Auszubildenden und des Ausbildungsbetriebs.

Ausbildungsberuf:
Die genaue Bezeichnung des anerkannten Ausbildungsberufes.

Sachliche und zeitliche Gliederung mit Zielbestimmung:
Eine sachliche und zeitliche Gliederung der Ausbildung („Ausbildungsplan“), welche den Abteilungsverlauf Deiner Ausbildung enthält und das Ziel der Ausbildung definiert.

Beginn und Dauer:
Das genaue Datum des offiziellen Ausbildungsbeginns und die für den Beruf vorgeschriebene Ausbildungsdauer inklusive eventueller Verkürzung (z.B. durch eine höhere Schulbildung).

Ausbildungsort und eventuelle externe Ausbildungsmaßnahmen:
Der Ort, an dem die Ausbildung stattfindet und eventuelle außerbetriebliche Weiterbildungsmaßnahmen, wie Lehrgänge oder Praktika.

Arbeitszeit:
Die tägliche oder wöchentliche Arbeitszeit unter Einhaltung des Jugendarbeitsschutzgesetzes
(Jugendliche unter 18 Jahren dürfen nicht mehr als 8 Stunden täglich und 40 Stunden wöchentlich arbeiten).

Probezeit:
Mindestens ein Monat bis maximal vier Monate (§20 BBiG).

Ausbildungsvergütung:
Das steigende Brutto-Gehalt, je Ausbildungsjahr (Mindestvergütung von 585€ monatlich im ersten Ausbildungsjahr ab 2022).

Urlaub:
Die Anzahl der Dir jährlich zustehenden Urlaubstage, die gesetzlich sowohl für Minderjährige als auch für Volljährige festgelegt sind und nicht unterschritten werden dürfen.

Voraussetzungen zur Kündigung:
Die Regelung zu den Voraussetzungen für eine Kündigung des Ausbildungsvertrages.

Sonstige Betriebs-/ Dienstvereinbarungen und tarifvertragliche Bestimmungen:
Mögliche Regelungen zum Tarifvertrag für Branche oder Ausbildungsberuf und Zahlungen von Weihnachts- und/oder Urlaubsgeld. Der ausführliche Tarifvertrag ist bei der Gewerkschaft zu bekommen.

Was darf nicht im Ausbildungsvertrag stehen?

Folgende Vereinbarungen sind nichtig und dürfen nicht in Deinem Ausbildungsvertrag enthalten sein:

• Verpflichtungen, nach Deiner Ausbildung im Unternehmen bleiben zu müssen. Ausnahme: Ein halbes Jahr vor Ende der Ausbildung vereinbarst Du mit Deinem Betrieb, zu bleiben.

• Verbote, den erlernten Beruf nach Abschluss der Ausbildung ganz oder eingeschränkt auszuüben (z.B. bei der Konkurrenz)

• Verpflichtungen zur Zahlung von Vertragsstrafen (z. B., wenn Du die Ausbildung nicht antrittst oder das Ausbildungsverhältnis kündigst)

• Verpflichtungen, die Kosten für Deine Berufsausbildung zu tragen oder eine Entschädigung zu zahlen (z.B. für Kurse, die auf Verlangen des Ausbildungsbetriebs belegt werden sollen oder für vorgeschriebene Arbeitskleidung)

• Beschränkungen, Pauschalen oder gar Ausschlüsse von Schadensersatzansprüchen

Wann muss wer den Ausbildungsvertrag unterschreiben?

Füller unterschreibt auf Papier

In der Regel bekommst Du zuerst die mündliche Zusage vom Ausbildungsbetrieb. Trotzdem muss der Ausbildungsvertrag auch schriftlich in Papierform festgehalten werden, um gültig zu sein. Das Unternehmen muss also vor Ausbildungsbeginn den Ausbildungsvertrag in zweifacher Form erstellen und den Auszubildenden unterschreiben lassen. Erkundige Dich am besten direkt nach der mündlichen Zusage bei Deinem Ausbildungsbetrieb, wenn sie es Dir nicht schon direkt mitteilen – je früher, desto besser. Wenn Du bereits volljährig bist, reicht allein Deine Unterschrift. Bist Du jedoch vor Beginn Deiner Ausbildung noch minderjährig, müssen Deine Erziehungsberechtigten, in der Regel die Eltern, dem Vertrag zustimmen und diesen ebenfalls unterschreiben.

Was passiert nach der Unterschrift mit dem Ausbildungsvertrag?

Nachdem beide Vertragsparteien unterschrieben haben, muss der Ausbildungsbetrieb den Ausbildungsvertrag rechtzeitig bei der zuständigen Berufskammer einreichen, denn diese stellt eine Art Sicherheitsgarantie für den Auszubildenden dar, dass kein gesetzeswidriger Arbeitsvertrag abgeschlossen wird. Ist der Vertrag anerkannt worden, erfolgt eine Eintragung in das zugehörige Verzeichnis und die Rücksendung an den Ausbildungsbetrieb. Danach erhältst Du ein Exemplar für Deine persönlichen Unterlagen und das zweite Exemplar
verbleibt beim Ausbildungsbetrieb.

Welche Berufskammer ist für welchen Ausbildungsberuf zuständig?

Handwerkskammer für handwerkliche Berufe wie Kraftfahrzeugmechaniker, Elektroniker oder Dachdecker

Industrie- und Handelskammer für Handelsberufe wie Bankkaufleute, Groß- und Außenhandelskaufleute oder Fachinformatiker

Landwirtschaftskammer für landwirtschaftliche Berufe wie Landwirte, Gärtner oder Milchtechnologen

Rechtsanwalts-, Patentanwalts- und Notarkammer für Berufe im Bereich der Rechtspflege wie Rechtsanwalts-, Notarfach- oder Justizfachangestellte

Wirtschaftsprüfer- und Steuerberaterkammer für Berufe im Bereich der Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung wie Steuerfachangestellte, Steuerfachwirte oder Wirtschaftsprüfer

Ärzte-, Zahnärzte-, Tierärzte-, Apothekerkammer für Gesundheitsberufe wie medizinische Fachangestellte, Gesundheits- und Krankenpfleger oder Pharmazeutisch-technische Assistenten

Wie wird ein Ausbildungsvertrag aufgelöst?

Es kann durchaus vorkommen, dass ein Ausbildungsverhältnis beendet werden muss. Gründe dafür können die Unzufriedenheit des Azubis dem Ausbildungsberuf gegenüber oder auch Fehlverhalten beider Vertragspartner sein. Welche Kündigungsbedingungen zu berücksichtigen sind, hängt davon ab, ob sich der Azubi noch in der Probezeit befindet:

Kündigung in der Probezeit
Das Ausbildungsverhältnis kann beidseitig ohne Einhalten einer Kündigungsfrist, schriftlich, gekündigt werden (§22 BBiG). Es müssen keine Angaben zu den Gründen der Kündigung geleistet werden.

Kündigung während der Ausbildung
Nach der Probezeit kann das Ausbildungsverhältnis auf unterschiedliche Arten gekündigt werden:

  1. Fristlose Kündigung:
    Sie ist beidseitig möglich, wenn ein schwerwiegender Grund vorliegt (z.B. der Ausbildungsbetrieb verstößt gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz (JArbSchG) oder der Azubi hat Diebstahl begangen).
  1. Ordentliche Kündigung:
    Möchte ein Azubi seine Berufsausbildung abbrechen, kann er das mit einer schriftlichen Begründung, wie zum Beispiel „weil ich meine Berufsausbildung aufgeben möchte“, mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen tun.
  1. Aufhebungsvertrag:
    Das Ausbildungsverhältnis kann durch einen schriftlichen Aufhebungsvertrag beendet werden (z.B., wenn sich der Azubi beruflich umorientieren möchte und der Ausbildungsbetrieb damit einverstanden ist).

Du siehst, der Ausbildungsvertrag ist kein Hexenwerk, sondern trägt lediglich zu einem möglichst reibungslosen Ablauf Deiner Berufsausbildung bei.

Lass Dir auf jeden Fall Zeit, Deinen Vertrag vor dem Unterschreiben genau zu lesen. Sobald Fragen auftauchen, wende Dich einfach an den Ausbildungsbetrieb. Dieser möchte schließlich, dass die zukünftigen Auszubildenden zufrieden sind und keine Fragen offenbleiben.

redaktioneller Artikel von: Pia-Joan Gippert

Fotos: Wat Nu?-Team; Fotolia Billion Photos