Annika Rosenstock Bild Flugzeug

Auslandsjahr – Au Pair, Work & Travel

Annika Rosenstock ist 21 Jahre alt und seit Oktober 2021 Duale Studentin im General Management bei der B. Boll Mediengruppe. Davor war sie neun Monate Au Pair in Calgary, Kanada, und ist anschließend drei Monate für Work and Travel durch das Land gereist. Im Interview erzählt sie, was sie in dieser Zeit gelernt hat, und gibt Tipps für ein erfolgreiches Auslandsjahr.

Was ist der Unterschied zwischen Au Pair und Work and Travel?

Als Au Pair hat man seinen Beruf eine ganze Zeit lang. Man wohnt bei einer Familie, hat eine sichere Unterkunft, lebt mit der Familie zusammen und arbeitet für die Familie als Nanny und passt auf die Kinder auf. Dadurch ist man ein bisschen abgesicherter, aber weniger frei, weil man in einer festen Stadt lebt. Klar macht man auch mal Trips von da aus, aber dafür muss man sich frei nehmen oder es mit der Familie abklären. Beim Work and Travel reist man viel herum und versucht irgendwo Jobs zu finden, um Geld für die Weiterreise zu verdienen.

Was muss man mitbringen?

Als Au Pair muss man auf jeden Fall Kinder mögen. Man sollte sehr kulturfreudig sein und bereit sein, sich auf eine Familie einzulassen. Das ist das Wichtigste, denn man arbeitet zwar für die Familie, ist aber auch Teil der Familie. Spontanität ist auch wichtig, je nachdem, wie viel man erleben möchte. Für Work and Travel muss man ein bisschen Organisationstalent haben und das Verständnis mit Geld umzugehen. Denn man muss komplett selbst haushalten und abwägen können: Wenn ich jetzt die Reise mache, wie lange muss ich dann arbeiten, um weiterreisen zu können?

Hirsch in verschneitem Wald

Wie hast Du Dich vorher informiert?

Ich war bei einer Messe für Ausbildungsberufe und Studium, da waren aber auch Stände von einer Organisation, der AIFS. Da habe ich mich informiert. Für mich war aber schon immer klar, dass ich ins Ausland gehe, ich habe nur nach einer passenden Organisation gesucht.
Work and Travel habe ich spontan noch hinten drangehängt.

Wie viel hat das Auslandsjahr gekostet?

Ich glaube das hat um die 3000 Euro gekostet, da sind Hin- und Rückflüge und die Versicherungen inbegriffen. Das ist der Preis, mit dem man als Au Pair rechnen muss. Beim Work and Travel ist es unterschiedlich. Wenn man keine Organisation nutzt, muss man sich selbst um Flüge und Versicherungen kümmern. Aber es kommt wahrscheinlich auf dasselbe heraus. Vor Ort habe ich ja gearbeitet und Geld bekommen. Ich bin am Ende auch mit Geld nach Hause gekommen. Beim Work and Travel gibt man das Geld eher sofort wieder aus. Die 3000 Euro hätte ich reinbekommen können, habe ich aber nicht gemacht.

Wie viel verdient man als Au Pair und beim Work and Travel?

Das ist von Land zu Land unterschiedlich. Ich habe den Mindestlohn in Kanada bekommen, ich glaube der lag bei 15 Dollar. Und dann gibt man einen Teil noch an die Familie ab fürs Leben und Wohnen, was aber im Endeffekt auch nicht so viel Geld ist im Verhältnis dazu, wenn man sich irgendwo anders eine Wohnung suchen würde. Ich weiß nicht, was ich monatlich bekommen habe, weil ich auch jeden Monat anders gearbeitet habe. Mal habe ich 20 Stunden die Woche gearbeitet, mal 40 Stunden. Aber das Geld ist ausreichend. Man kann auch mit dem Geld den Sprit fürs Auto bezahlen, man kann noch reisen, wenn man das Geld gut spart, und trotzdem mit den Freunden unterwegs sein.

Skyline einer Stadt in Kanada

Was hast Du gearbeitet?

Ich habe in einer/einem Bäckerei/Café gearbeitet. Viele Work and Traveller haben auf Baustellen gearbeitet, da kann man ganz gut Geld verdienen und es werden auch Leute ohne Erfahrung eingestellt.

Hat man auch genug Zeit, zu reisen?

Die meisten Gastfamilien nehmen Dich auch mit auf Trips. Ich bin zum Beispiel viel in Alberta und British Colombia herumgekommen. Man hat schon die Zeit und als Au Pair auch Urlaub – in zehn Monaten zwei Wochen glaub ich. Ich würde dazu raten, darüber im Vorhinein offen mit der Familie zu sprechen. Die haben auch Verständnis dafür, dass man viel sehen möchte. Viele machen auch am Ende des Au Pairs einen Reisemonat.

Wie waren Deine Erwartungen und wurden sie erfüllt?

Meine Erwartungen waren, dass es eine sehr schöne Zeit wird, dass ich das Land und die Kultur kennenlerne und möglichst viel von Kanada sehe. Und ganz viele Menschen aus unterschiedlichen Kulturen kennenlerne. Wegen Corona war ich von den zwölf Monaten sechs Monate im Lockdown. Am Anfang und am Ende war alles offen. Zwischendrin als Au Pair war es schon ein bisschen schwierig, in der Zeit wäre ich gerne mehr gereist. Dadurch, dass ich am Ende noch Work and Travel drangehängt habe, habe ich mir diesen Wunsch aber erfüllt. Ich habe so viele tolle Menschen und das Land kennengelernt, eine zweite Familie am anderen Ende der Welt gefunden. Also eigentlich wurden meine Erwartungen nicht nur erfüllt, sondern übertroffen.

Würdest Du es nochmal machen?

Ja, ich würde es auf jeden Fall nochmal machen. Ich kann es auch jedem empfehlen. Gerade nach dem Abi ist es eine gute Art, sich selbst zu finden und reifer zu werden.

Was hast Du aus dem Auslandsjahr mitgenommen?

Man lernt sehr viel über die Menschen, die man kennenlernt. Jeder Mensch hat eine eigene Geschichte, die sich lohnt, anzuhören. Man lernt offen und spontan zu sein. In einem Jahr erlebt man so viel wie andere nicht in 50 Jahren. Du lernst so viele Leute kennen wie andere
in ihrem ganzen Leben nicht, und das kann Dir keiner mehr nehmen.

Hast Du Tipps für Interessierte, die das machen wollen?

Gerade als Au Pair sollte man sich eine Organisation suchen – beim Work and Travel ist das nicht so wichtig. Aber man sollte schon darauf achten, dass man eine gute Organisation hat, die einem den Rücken stützt.

Eine gute Möglichkeit, um als Work and Traveller durch Kanada zu kommen, ist mit einem Camper. Die Autos in Kanada sind viel günstiger und man kann sie gut zum Schlafcamper umbauen. Einfach losfahren und dann landet man an den schönsten Orten.

Geht mit geöffneten Augen daran und habt keine Angst vor irgendetwas. Ihr werdet überall Menschen finden, die euch unterstützen, auch wenn ihr die Sprache nicht so gut könnt. Habt keine Scheu, seid offen und spontan!

Hier kannst Du Organisationen finden:
https://www.guetegemeinschaft-aupair.de/de/
https://www.au-pair-agenturen.de/

redaktioneller Artikel: von Valeria Schulte-Niermann und Annika Rosenstock

Fotos: Annika Rosenstock